Stoisch liegt der bronzefarbene Koloss auf der Ladefläche eines Lastwagens.
Keinen Wank macht er, als das schwere Gefährt vor- und zurückruckelt, sich langsam einen Weg über die Wiese des Golfplatzes Losone bahnt und schliesslich im höheren Gras stehen bleibt. Die Menschen um ihn herum scheinen derweil ziemlich nervös zu sein. Die einen zücken ihr Handy, um den bewegungslosen Giganten zu filmen, die anderen wuseln erregt hin und her.
Wie weiter? Ja, das ist die Frage. Wie kommt der 1'250 Kilogramm schwere, vier Meter hohe Elefant vom Camion auf den Betonsockel? Andrea Ziino, Direktor der Kunstgiesserei Perseo SA in Mendrisio schwitzt, obwohl er so etwas keineswegs zum ersten Mal macht. Wäre der Dickhäuter noch so klein wie bei seiner Geburt, gäbe es keine Probleme, lacht Rolf Knie, Schöpfer der lebensgrossen Skulptur.
Das Licht der Welt erblickte das Rüsseltier vor rund sechs Jahren in einem Hotelzimmer in Thailand. Ursprünglich aus Lehm geformt, war es damals nur rund 40 cm hoch. Der 74-jährige Künstler erinnert sich genau daran, wie und warum es entstand. “Ich langweilte mich – wie immer in den Ferien”, gesteht er lachend, “stundenlanges Sonnenbaden ist nichts für mich.” Der bekannten Maler, Bildhauer, Schauspieler und Clown braucht Action. Also trug er das nötige Material zusammen und schuf besagtes Werk. Das war’s. Fertig lustig. Vorerst einmal. Nach den Ferien ging’s zurück in die Heimat. Mit im Gepäck war natürlich auch der Elefant. Zuhause angekommen, wartete das auf einem Bein stehende Tier geduldig auf aufregendere Zeiten. Vor einem Jahr juckte es Knie dann endlich in den Fingern. “Ich will es in Gross”, beschloss er. Weil regelmässige Reisen nach Thailand, wo er seine Skulpturen bis dahin hatte giessen lassen, nicht mehr infrage kamen, suchte er eine näher gelegene Lösung und fand sie bei Ziino im Sottoceneri. Dieser hat sich inzwischen auf die Ladefläche gehievt und bindet dem Elefanten dicke Gurte um Hals und Bauch. Sachte fassen die stählernen Zähne des Greifers nach dem tonnenschweren Elefanten, der in einem monatelangen Umwandlungsprozess von der zierlichen Lehmfigur zu einer eindrücklichen Bronzeskulptur anwuchs.
Gebannt halten die Anwesenden den Atem an. Nur Ziino gibt dem Kranführer laute Anweisungen.
Rauf, runter, rechts, links. Haaalt! Nochmals von vorne. Rauf, runter, rechts, links. Jawohl! Geschafft. Alle klatschen Beifall. Knie küsst erleichtert den linken Vorderfuss des Riesen. Perfekt. Zumindest fast. In den nächsten Tagen müsse die Skulptur noch mit Stahlwolle geschliffen werden.
Damit wirklich alles so ist, wie es sein soll. Das ist dem Koloss egal. Gleichmütig beobachtet er die neugierigen Passanten. Der idyllische Golfplatz ist durch ihn noch etwas schöner geworden. Elefantenskulptur von Rolf Knie, ab sofort zu sehen gegenüber dem Ristorante Mira, Via alle Gerre 5, Losone.
Lesen Sie den vollständigen Artikel auf Tessiner Zeitung
